Erschienen am 12. Juli 2018 bei House Arrest / Roll Call
Manchmal braucht man als Band Impulse von außen, um so richtig in Fahrt zu kommen. 2016 hatten River Whyless ihr erstes Album „We All The Light“ veröffentlicht, leider mit mäßigem Erfolg. Dabei hatte es durchaus seine Stärken: Eingängige Melodien trafen auf bisweilen exotische Rhythmen und einen folkigen Bandsound, der in Sachen Zusammenspiel mit akustischen Instrumenten schon damals über jeden Zweifel erhaben war. Es fehlte ein wenig das Gefühl der Überzeugung und Dringlichkeit, die Platte wirkte insgesamt fast ein bisschen unbeteiligt daher gespielt. Doch dann kam auch für die Band aus Ashville in North Carolina der Schock durch die Präsidentschaftswahlen und damit das Bedürfnis, mit der Musik eine ganz klare, starke Aussage zu treffen. So etwas kann durchaus in die Hose gehen, im Falle von River Whyless aber führt es dazu, dass die Einzelteile plötzlich wie ein Uhrwerk ineinander greifen.
Das Musikvideo zur Single „Born in the right country“ auf Youtube:
Plötzlich macht alles Sinn: Die weltoffene Zutatenliste, die melancholische Grundstimmung und das extrem reflektierte Songwriting ergeben den bislang vielleicht wertvollsten musikalischen Kommentar zur fortschreitenden Spaltung der amerikanischen Gesellschaft, die Europa inzwischen nicht nur im übertragenen Sinne betrifft. Und anders als bei dezidiert politischen Songs fehlt bei River Whyless nie die Leichtigkeit, die das Ganze erträglich und hörenswert macht. Handfeste Agitation und gehässige Rechthaberei ist ihre Sache nicht, der irgendwie doch uramerikanische Sound scheint eher auf Versöhnung und Verständigung aus zu sein. Und so fällt auch nicht weiter negativ auf, dass der Rest des Albums erneut recht unterschiedlich ausgearbeitet wurde. Hier blubbern nervöse Synthies, dort lassen die afrikanischen Rhythmen von Paul Simons Graceland-Phase grüßen. Aber das alles hat jetzt nicht nur Sinn und Zweck, sondern scheint im Gegensatz zum Debüt um eine fest verwurzelte Band-Identität zu kreisen. Das Ergebnis ist eine Platte, die sehr viel Freude macht und dank des fantastischen Zusammenspiels auch ein spektakuläres Live-Erlebnis verspricht.
Das ganze Album bei Spotify:
Nebenan im Plattenregal:
Sunflower Bean – Twentytwo in blue (2018)
Sam Evian – You, Forever (2018)
Natalie Prass – The Future and the Past (2018)