Caroline Rose – Superstar (2020)

Indie Pop / Indie Rock / Synth Pop

Wer hätte geahnt, dass ausgerechnet sie eines Tages zur unumstrittenen Ikone der Popmusik aufsteigen würde? Jahrelang hatte sie sich mit ihrer abgerockten Punkband die Finger wund gespielt, jeden Abend stand sie auf einer anderen wackeligen Bühne in einem halbleeren, versifften Saal und spielte für eine Mischung aus notorischen Losern und hoffnungslosen Musiknerds ihre schrägen Songs. Die Städte waren klein, die Gagen noch kleiner, der zum Bandbus umfunktionierte alte Laster aus dem Altbestand der pleite gegangenen Umzugsfirma ihrer Mutter pfiff aus dem letzten Loch. Selten blieb das Publikum bis zum letzten Song, Zugaben wurden fast nie verlangt. Nach und nach hatte sich die Gewohnheit eingeschlichen, einfach irgendeinen Song als letzten anzukündigen, solange noch Leute da waren. Aus Müdigkeit und Verzweiflung kam diese Maßnahme bei jeder Show etwas früher, die Konzerte wurden immer kürzer. Eines Tages war es so weit, sie kam mit den Worten „Hey, this is our last song“ auf die Bühne. Das Publikum rastete aus und verlangte nach jedem Song eine weitere Zugabe, drei Stunden lang mussten sie ihr gesamtes Repertoire inklusive Coverversionen abspulen. Es war ein magischer Abend, alle lagen sich in den Armen und weinten vor Glück. Der alternde Feuilletonchef der dümpelnden Lokalzeitung war fassungslos und schrieb noch in der Nacht eine ganze Seite über das Konzert, der Rest ist Musikgeschichte.

Nebenan im Plattenregal:
TOPS – I Feel Alive (2020)
Caroline Rose – Loner (2018)
Kevin Krauter – Toss Up (2018)

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Caroline Rose – Loner (2018)

Voll auf die zwölf: Caroline Rose testet mit ihrem dritten Album aus, wie viele Hits auf eine Indie-Platte passen.

Erschienen am 22. Februar 2018 bei New West Records

The Soft Rock Café empfiehlt Caroline Rose Live:
28. Mai | Queer Festival, Heidelberg
29. Mai | TapTab Musikraum, Schaffhausen
1. Juni | Puls Open Air, Geltendorf
Tickets gibt’s hier!

Es ist ein uraltes Klischee im Showbusiness: Komödienstars, die verzweifelt auf der Suche nach ernsten Rollen sind und dann plötzlich alle mit ihrem großen schauspielerischen Talent überraschen. Auf sehr eindrucksvolle Weise geht Caroline Rose diesen Weg mit ihrem dritten Album Loner in die umgekehrte Richtung. Nachdem sie sich mit einem sehr introvertierten Debüt und einer musikalisch extrem anspruchsvollen zweiten Platte bei der Kritik jede Menge Respekt verschaffte, steht nun der Spaß im Vordergrund. Das heißt nicht, dass sich hinter den Tanzflächen-Ambitionen und den unwiderstehlichen Pop-Hooks keine ernsthaften Themen verbergen. Der Überhit „Jeannie becomes a mom“ mit seinem oscarverdächtigen Musikvideo steht exemplarisch für diesen ziemlich einzigartigen Brückenbau zwischen Chartqualitäten und tiefgründigem Storytelling.

Ein kleiner Vorgeschmack auf Youtube:

Die neue Souveränität beflügelt Caroline Rose, ihre Stimme ist durchschlagskräftiger als je zuvor und nimmt zwischen verführerischen Balladen und manischer Eskalation jede Rolle überzeugend ein. Der exzessive Einsatz von Verzerrung auf den Vocals und den omnipräsenten Billigorgeln macht ordentlich Druck und verpasst der ansonsten glasklaren Produktion die nötige Portion Trash-Ästhetik. Einige Fans ihres früheren Schaffen werden es möglicherweise etwas schwierig finden, Caroline Rose auf ihrem neuen Weg bis zum Ende zu folgen. Dementsprechende Verlustängste scheinen die Amerikanerin aber nicht im geringsten zu tangieren, im Gegenteil: Die Mehrheit der Songs ist wie geschaffen für die Funktion als Türöffner zu deutlich größeren Bühnen als bisher. Und eigentlich besteht kein Zweifel daran, dass Caroline Rose gut vorbereitet ist auf das helle Rampenlicht.

Das ganze Album bei Bandcamp:



Nebenan im Plattenregal:

Molly Burch – First Flower (2018)
Totally Mild – Her (2018)
Stella Donnelly – Beware Of The Dogs (2019)