Seit Wochen hatte es ununterbrochen geregnet, ich saß jeden Tag viele Stunden an meinem Schreibtisch mit Blick hinunter ins Tal. Die Vorräte gingen langsam zur Neige, bald würde es wieder Zeit für den langen Fußmarsch ins Dorf werden. Die Wolkendecke war die meiste Zeit so dicht, dass Tage und Nächte sich nicht mehr abwechselten, sondern in einer sanften Wellenbewegung ineinander flossen. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass es schon wieder viel länger hell war als noch vor dem Beginn des Regens. Als eines Abends plötzlich die Sonne herauskam und die ungewohnte Helligkeit mich blendete, schaute ich ungläubig hinaus in eine golden leuchtende Welt. Wie in Trance zog ich meine Jacke an und ging nach draußen, schnell durch einen Fichtenhain zu diesem Weg am Waldrand, auf dem ich um diese Uhrzeit noch etwas Sonnenlicht vermutete. Ich hatte mich etwas verschätzt, es fielen nur noch einzelne Strahlen zwischen Baumstämmen hindurch auf den knirschenden Weg. Als ich auf eine große Pfütze zuging, sah ich plötzlich eine riesige Kröte am Wegesrand. Ich setzte mich auf einen Baumstumpf gegenüber und wir betrachteten uns gegenseitig. Dann sagte ich in die Stille hinein: Grüß Gott! Freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen. Die Kröte schaute mich weiter an, so als würde sie über eine passende Antwort nachdenken. Mehrere Minuten vergingen, ohne dass ein weiteres Wort gesprochen wurde. Dann hüpfte sie plötzlich davon, hinunter auf die klatschnasse Wiese.
Alleine unterwegs in fernen Welten: Cara Beth Satalino reitet auf verspielten Gitarrenriffs los und entdeckt im Nirgendwo zwischen Jangle Pop und Post Punk ein bewohnbares Sonnensystem.
Western Vinyl Records / 28. Juni 2019
Nach dem 2016 erschienenen und durchaus vielversprechenden Debüt sah es erst mal nicht so aus, als würden wir irgendwann ein zweites Album von Outer Spaces geschenkt bekommen. Cara Beth Satalino entfernte ihren Partner Chester Gwazda nämlich nicht nur fürs erste aus ihrem Privatleben, sondern auch aus ihrem bis zu diesem Punkt gemeinsam gehegten Bandprojekt. Was für ein Glück für uns, dass sie ihn schließlich als Produzenten und Bassisten wieder zurückholte, um Gazing Globe aufzunehmen.
Die kreativen Entscheidungen und das Songwriting wollte sie jedoch selbst in der Hand behalten, was dem Album eine sehr persönliche Handschrift verleiht. Im Vergleich zum ersten Album fällt sofort ins Auge, dass Satalino sich als Gitarristin freigeschwommen hat und mit ihrem lebendigen Spiel das Bandgefüge dirigiert. Auch wenn die Songs nicht ganz ohne etwas abgedroschene Phrasen auskommen, kommt textlich einiges herüber und die handwerklich exzellenten Arrangements illustrieren die Inhalte mit vielschichtigen und abwechslungsreichen Klangwelten. Ein mehr als solides zweites Album mit einigen brillanten Momenten, die man immer wieder hören muss.
Alles anders als alles andere: Mega Bog lassen sich von assoziativen Bewusstseinsströmen ganz weit weg von allen Erwartungen treiben und landen mit Dolphine sanft auf einer ziemlich einsamen Insel der musikalischen Kreativität.
Paradise of Bachelors / 28.6.2019
Ist das ein wohlklingendes Bandrauschen oder ein Arpeggio auf der Gitarre? Alles klar, da kommt auch schon der volle Akkord und nimmt uns wie ein Sportboot mit in die Siebziger, zu den Dreharbeiten eines sepiafarbenen Softpornos an der Copacabana. Doch Halt, am abendlichen Horizont zieht ein Gewitter auf und der Anker wird heruntergelassen in ein bizarres Korallenriff aus Melancholie.
So oder so ähnlich läuft der ganz normale Wahnsinn in einem Song von Mega Bog ab, jedenfalls in der langen Orientierungsphase vor dem großen Aha-Effekt. Andere Bands belassen es bei einem kurzen Intro, bevor sie zur Sache kommen. Die Truppe um Songwriterin Erin Elizabeth Birgy hat da ganz andere Prioritäten: Hier ist das Vorspiel die Hauptsache. Kaum hat der Song eine vermeintlich greifbare Form angenommen, zerfließt der Refrain schon wieder in seine Einzelteile und versickert in einem langgezogenen Outro.
Musik wie diese entzieht sich nicht nur dem linearen Zuhören, sondern auch der industriellen Verwertungslogik des Marktes. Doch im Umkehrschluss bedeutet das auch, das solche Platten selbst nach Monaten der Heavy Rotation keinen Millimeter von ihrem Reiz einbüßen. Mega Bog ist der delikate Gegenentwurf zum überdreht grellen Post-Pop im Zeitalter des Loudness Wars und damit die quintessentielle Band für Prêt à écouter. Aufmerksames Zuhören ist unbedingt notwendig, wird aber auch mit einem fürstlichen Hörvergnügen belohnt.
Die Langsamkeit neu entdecken: Mit ihrem zweiten Album Softer Faces differenzieren die kanadischen Dream-Popper von Living Hour ihr extrem raumgreifendes Zusammenspiel noch weiter aus.
Erschienen am 1. März 2019 bei Kanine Records
Text: Tobias Breier
Diesmal konnten Sängerin Samantha Sarty und ihre Band im Studio auf die Hilfe der Co-Produzenten Kurt Feldman (Being Pure At Heart) und Jarvis Taveniere (Woods) zurückgreifen. Doch auch jenseits der Felder Sound Design und Arrangement stellt das zweite Album einen deutlichen Entwicklungssprung dar: Living Hour überzeugen vom ersten Song an als künstlerisch gereifte Band. Das ist zu spüren in jeder sorgfältig konstruierten Dissonanz, in der ausgeklügelten Instrumentierung, in der bisweilen sanft verwirrenden Polyrhythmik und den unglaublich dichten Texturen aus verhallten Gitarren und schwebenden Keyboards.
Ein kleiner Vorgeschmack auf Youtube:
Während die erste Hälfte des Albums verträumt vor sich hin plätschert, kommen auf der zweiten Seite auch ein paar Ecken und Kanten dazu. Mal durch strengen Minimalismus, mal durch verzerrte Sounds, mal durch fast gesprochene Gesangslinien und mal durch einen kompletten Verzicht auf rhythmische Ordnung zugunsten einer pulsierenden Dynamik. Dieses Wechselspiel ist nicht nur vielschichtig und dramaturgisch interessant, sondern hält den hypnotischen Fluss des Albums über die gesamte Spielzeit aufrecht. Verschiedene Live-Videos der Band haben in den letzten Jahren übrigens gezeigt, dass diese Liebe zum Detail nicht nur das Ergebnis akribischer Arbeit im Studio ist, sondern auf einer einzigartigen musikalischen Chemie innerhalb der Band beruht. Mit Softer Faces gelingt Living Hour ein ziemlich perfektes Zusammenwirken dieser beiden Qualitäten und damit ein Album, dass einerseits als Tonträger restlos überzeugt, andererseits aber auch geradezu nach einer Live-Performance schreit und damit richtig Lust auf die nächste Tour macht.
Viele Bands und auch Sängerinnen veröffentlichen aktuell hypnotischen Psychedelic Pop mit Vintage Synthies und ganz viel Chorus. Trotzdem gelingt es Halo Maud auf ihrem Debüt, sich in diesem Feld klar von der Masse abzusetzen.
Wenn Halo Maud über einen rollenden Beat auf französisch singt, weckt sie Assoziationen mit Desireless. Wenn sie über eine Synthiefläche englisch singt, erinnert ihre Stimme eher an Kate Bush oder Karin Dreijer von The Knife. Die Pariserin ist aber nicht nur Sängerin, sondern auch Multi-Instrumentalistin und ihre eigene Produzentin. Und deshalb hat auch ihre Musik diese besondere Aura der grenzenlosen Fantasie, die nur entstehen kann, wenn Ideen ganz individuell zu Ende gedacht werden.
Das Musikvideo zur Single „Wherever“ auf Youtube:
Insgesamt dominieren musikalisch die Einflüsse aus Halo Mauds Heimatland Frankreich und viele der Songs haben geradezu cineastische Qualitäten. Hier gibt es durchaus Synergien, schließlich haben französische Komponisten wie Francis Lai ab den 60ern des vergangenen Jahrhunderts die internationale Filmmusik revolutioniert, nicht zuletzt mit psychedelischen Soundtracks zu Softpornos. Halo Mauds Kompositionen klingen teilweise wie Soundtracks zu retrofuturistischen Zeichentrickfilmen, oft aber auch wie die stylische Fahrstuhlmusik der Belmondo-Schinken in den 70ern. Vor allem aber sind sie voller Details, nehmen stilistisch auch weitere Reisen in Kauf und bekommen am Ende doch immer die Kurve in Richtung Popsong. Unterm Strich ein fantastisches Debüt, das nicht nur frankophilen Popnerds viel Freude bereiten dürfte.
Mit gerade mal 22 Jahren pro Nase haben Sunflower Bean nun schon das zweite beachtliche Album auf dem Kerbholz. Die frühreife Abgezocktheit des Debüts weicht auf der neuen Platte einer fieberhaften Suche nach dem perfekten Song.
Was macht man, wenn man 22 Jahre alt ist und in einer Band spielt? Normalerweise eifert man vor allem seinen großen Vorbildern nach. Und obwohl Sunflower Bean mit ihrem Debütalbum vor zwei Jahren eigentlich schon bewiesen hatten, dass sie stilistisch eigentlich schon erwachsen sind, arbeiten sie sich jetzt doch noch auf altersgerechte Weise an ihren Helden ab. Damit ist natürlich in erster Linie die Stammbesetzung von Fleetwood Mac Mitte der Siebziger gemeint, die Konsens-Legenden unserer Generation und Inspirationsquelle von gefühlt jeder zweiten Platte, die im Moment erscheint.
Das Musikvideo zu I was a fool auf Youtube:
Das muss man sich erst mal trauen, so haarscharf an einem bahnbrechenden Song wie „Dreams“ vorbeizukomponieren. Aber irgendwie gelingt das Annäherungsmanöver, und das liegt vor allem an der Tatsache, dass in der Umlaufbahn von diesem Song jede Menge Platz ist für Trabanten. Das ist keine Parodie und kein Ideenklau, sondern eine Hommage. Und so ist es nicht nur verzeihlich, sondern auf seine ganz eigene Art charmant, wie Sunflower Bean ein ganzes Album lang um die gigantischen Fußstapfen von Fleetwood Mac herumtänzeln. Denn dabei liefern sie ganz beiläufig eine Platte ab, die trotz der allgegenwärtigen stilistischen Referenzen ihre ganz eigene Dynamik entwickelt. Im Pop ging es noch nie wirklich um Originalität, heute geht es vielleicht sogar um das Ausmerzen derselben. Sunflower Bean beweisen auf sympathische Weise, dass dieser Trend nicht zwangsläufig zu belanglosen Ergebnissen führt.
Shane Butler hat mit seiner Band Quilt schon zwei bemerkenswerte Alben mit jeder Menge psychedelischem Dreampop herausgebracht. Dass er nun aus Boston nach New York gezogen ist und mit Olden Yolk ein zweites Projekt der gleichen Stilrichtung an den Start bringt, ist nur auf den ersten Blick verwunderlich.
Heutzutage widmen sich viele Bands einer spezifischen Zeit, sie suchen die Nähe zu dem charakteristischen Sound einer bestimmten Epoche. Schaut man sich bedeutende Alben aus der Vergangenheit an, fällt jedoch auf, dass es oft um konkrete Orte und ihren besonderen Klang ging. Mit ihrem Debüt knüpfen Olden Yolk an diese Tradition an und schicken ihre Hörer auf eine Reise in ihre neue Heimat New York. Dabei greifen sie verschiedene Stränge wie den psychedelischen Folk der 60er, den Art-Punk der 70er oder auch neuere Richtungen wie College-Rock und Dream-Pop auf. Aus diesen Zutaten entsteht eine erstaunlich homogene Mischung, die vor allem die Vielfalt und Atemlosigkeit der Ostküstenmetropole einfängt.
Die elektrisierende Wirkung dieser Musik fehlt dem bisherigen Schaffen Shane Butlers mit seiner Band Quilt, die es eher auf entspannten Wohlklang abgesehen hatte. Mit seiner neuen Partnerin Caity Shaffer ist er tatsächlich zurück nach New York gezogen, wo beide in den bewegten 90ern aufgewachsen waren. In ihrem Schlafzimmer wurde der Grundstein gelegt für ein großartiges Album, was die Intimität eines Homerecordings mit der Energie der Großstadt verbindet. Diese bahnt sich unwiderstehlich ihren Weg durch die Zimmerwände und Mikrofone bis hin zu unseren Kopfhörern oder Lautsprechern und bringt uns das große, ferne New York ein ganzes Stück näher.
Mit ihrem dritten Album „Lost in the dream“ schafften The War on Drugs 2014 den Sprung vom Geheimtipp zu einer international erfolgreichen Band. Verdientermaßen, denn die Platte ist nicht nur ihre bisher beste, sondern könnte sich sogar als Wendepunkt in der Entwicklung der Rockmusik herausstellen.
VÖ: 17.3.2014 auf Secretly Canadian Referenzen: Dire Straits, Bruce Springsteen, Tom Petty, Don Henley Stichworte: Nachts / Regen / Whisky / Alleine
Nach dem Ausstieg von Quasi-Frontmann Kurt Vile, der kurze Zeit später mit einem großartigen Solo-Debüt durchstarten sollte, wurde es zunächst ruhig um die fast schon alteingesessene Band aus Philadelphia. Viele hatten The War on Drugs wohl schon abgeschrieben, als mit Lost in the dream das erste Album unter der Federführung des bis dato eher zweitrangigen Gitarristen Adam Granducziel erschien. Im Vergleich zu den vorangegangenen Produktionen setzte man auf einen teuren und perfektionistischen Vintage-Sound, der sich deutlich hörbar an den großen Hochglanzproduktionen des analogen Zeitalters orientiert. Zusammen mit einem Hauch Americana-Feeling, unzähligen verhallten Gitarren in gigantischen Echoschleifen und dem durchaus melodischen, aber eher sporadischen und meistens genuscheltem Gesang führten die weit über das Radioformat hinausgehenden Songs zu Vergleichen mit zahlreichen legendären Gestalten der Rockmusikgeschichte.
Das ist zunächst ein mal harter Tobak, aber tatsächlich sind diese Vergleiche mit unhippen grauen Eminenzen, die zum Zeitpunkt des Erscheinens von vielen noch als Kritik verstanden wurden, nicht zu hoch gegriffen. Im Gegenteil, die Qualitäten von The War on Drugs gehen weit über den virtuosen Rock-Klassizismus hinaus, der inzwischen viele Bands konkreten Vorbildern aus den 70ern nacheifern lässt. Hier werden die alten Muster nicht einfach kopiert und der Sound archäologisch nachgebildet, sondern in ein eindeutig im Heute verorteten Netz subjektiver Melancholie eingewoben. Lost in the dream ist deshalb ein außergewöhnlich passender Titel, weil er nicht nur auf emotionaler, sondern auch auf kulturphänomenologischer Ebene die Identität dieses Albums reflektiert. The War on Drugs verlieren sich buchstäblich in den Echoräumen des amerikanischen Traums, und ihre künstlerische Beschäftigung mit diesem Gefühl ist nicht nur brandaktuell, sondern auch spartenübergreifend eine der intensivsten, gelungensten und auch schönsten Versuche überhaupt, dem mythischen Kern dieser tragischen Verfallsgeschichte beizukommen.
Eine weitere, vielleicht entscheidende Qualität dieser Platte ist wahrscheinlich auch die krachende Absage an die verwertungslogisch konzipierten Formate der heutigen Zeit. Es gibt von allen Liedern Maximalversionen mit ausufernden Intros und Outros, unübersichtlichen Übergängen und endlosen Instrumentalparts. So etwas trägt normalerweise leider nicht nur zur atmosphärischen Dichte des Albums bei, sondern schreckt oft auch einen Großteil der Radiomacher und Playlist-Kuratoren und damit indirekt auch viele Plattenkäufer ab. Normalerweise, denn The War on Drugs machen dieser Kalkulation einen fetten Strich durch die Rechnung und sammeln Abermillionen Streams und Radioplays sowie abertausende verkaufte physische Einheiten ein, vor allem auf Vinyl. Es geht also doch, man muss „nur“ zehn gute Lieder machen, die inhaltliche Relevanz, Innovation und die Verbindung zu den Traditionsfeldern der Rockmusik miteinander in Einklang bringen, anstatt sie kurzerhand als Widerspruch zu brandmarken. Eigentlich ganz einfach zu verstehen, aber doch schwer umzusetzen in einer Industrie, die Musik seit Jahren vermarktet wie Scherzartikel: Hier schau mal, so etwas hast du noch nicht gesehen.
The War on Drugs knüpfen an die goldenen Zeiten der Rockmusik an, weil sie wie Großteile des Publikums eine intensive Auseinandersetzung mit diesen pflegen und von dieser gemeinsamen Basis aus nach vorne schauen. Ganz nebenbei leiten sie damit etwas ein, was sich hoffentlich in einigen Jahren nicht nur als kurzlebiger Trend, sondern als Renaissance des Albums herausstellen wird. Für mich als Musikhörer war die Begegnung mit dieser Platte nicht weniger als ein Erweckungserlebnis, das letztlich den Grundstein gelegt hat für meine Auseinandersetzung mit dem Albumformat und damit auch für diesen Blog. Unabhängig von meinem persönlichen Empfinden zögere ich außerdem nicht, Lost in the dream zu den wichtigsten Platten unserer Zeit und zu den besten Platten aller Zeiten zu zählen.
Das Debüt-Album von Slow Dancer aus Melbourne macht aus Belanglosigkeit eine Tugend: Soft Rock im Stile der 70er und Bedroom-Pop von heute treffen sich auf halbem Wege um für 40 Minuten zu kuscheln. Das Ergebnis lässt sich nicht nur extrem gut durchhören, sondern enthält auch ein paar heimliche Hits.
VÖ: 9.6.2017 auf ATO Klingt fast ein bisschen wie: Boz Scaggs, Van Morrison, Christopher Cross Stichworte: Abends / Sonne / Weißwein / Zu zweit
Wie aus dem Nichts tauchte dieses Album plötzlich auf ATO Records und in zahlreichen Musikmagazinen auf. Ein junger Australier namens Simon Okely hat es ganz allein in seinem Schlafzimmer in Melbourne eingespielt. Da würde man natürlich eher elektronische Spielereien und psychedelische Sounds erwarten, als perfektionistisches Pophandwerk und unmittelbare Eingängigkeit, wie sie zum Beispiel in Don’t Believe zu finden ist.
Slow Magic hat offensichtlich seine Hausaufgaben gemacht und arbeitet sich im Laufe der Platte an einer ganzen Reihe offensichtlicher großer Vorbilder ab, deren berühmte Songs heute noch im Radio laufen. Viele Musiker haben in den letzten 40 Jahren schon versucht, diese Erfolgsformeln zu kopieren, meistens wirkten die Ergebnisse aber nur altmodisch und abgelutscht. Dass der junge Australier ganz alleine nicht nur das Level der Vorbilder erreicht , sondern dabei auch noch frisch und irgendwie zeitgemäß klingt, ist schon eine besondere Leistung. Vor allem aber ist sein Debüt-Album eine Wundertüte voller musikalischer Süßigkeiten und für überreizte Kennergaumen eine willkommene Dirty Pleasure.
Mit einem cleveren Debüt auf dem Qualitätslabel Fat Possum schaffen Hoops den Sprung aus dem verschlafenen Indiana in die große, weite Musikwelt. Ihr verträumter Indie-Pop ist zwar keine bahnbrechende Neuerfindung, aber durchaus ein Beitrag zur Vielfalt eines beliebten Genres.
VÖ: 5.5.2017 auf Fat Possum Klingt fast ein bisschen wie: Tops, Tennis, The db’s Passt gut zu: Autoradio, Mittagshitze, Coladose
Wer sein erstes Album Routines nennt, beweist schon mal eine Menge Humor. Und tatsächlich hat diese Musik etwas im positiven Sinne routiniertes, nämlich gut abgehangenes. Die Jungs aus einer Kleinstadt aus Indiana wissen genau, was sie wollen, und zwar gut ausgeschlafenen Dream-Pop ohne unnötige psychedelische Umwege. Akribisch haben sie an eingängigen, aber keineswegs formelhaften Songs gearbeitet, die durch den exzessiven Einsatz von Filtern, Hall und Bandsättigung aus ihrer eigentlich sehr poppigen Grundstimmung herausproduziert wurden. Die Gitarrenarbeit ist abwechslungsreich, stellenweise fast beängstigend clever und verführt die ganze Band zu einem mühelosen, aber unwiderstehlichen Groove. So etwas kann auf Dauer auch einseitig und verstockt werden, aber überraschende Tempowechsel, absichtlich verpasste Einsätze und haarsträubende Fade-Outs lockern die Sache immer wieder auf. Das Ergebnis klingt wie eine gefundene Kassette aus einem Amischlitten der 80er, auf dem die genialen Demos einer sagenhaften College-Band zusammengeschnitten wurden. Ein vielversprechendes Debüt, das einfach nur Spaß macht und so manchen Sommertag gelungen untermalen wird.